Juri Durkot
Text: Juri DurkotTitelbild: © Privatsammlung von Roman Ryfjak, ehemaliger Spieler von Karpaty16.03.2022

Eine (un-)politische Kurzgeschichte

Der Autor und Übersetzer Juri Durkot erinnert sich an die 1980er und 1990er Jahre in seiner westukrainischen Heimatstadt Lwiw, Lemberg. Ein Text über sein Coming of Age, das Ende der Sowjetunion und die neue Unabhängigkeit der Ukraine.
Der Text ist wenige Wochen vor dem russischen Angriffskrieg auf die gesamte Ukraine entstanden, „als die Welt noch nicht ganz verrückt war“, sagt Durkot. „Es ist eine Art Nachruf auf eine Welt, die nicht mehr existiert.“

Diesen Text könnte man nach einem Buchuntertitel des vor einigen Jahren verstorbenen Liedermachers, Autors und Filmregisseurs Walter Mossmann als „wahrheitsgetreu gefälschte Erinnerungen“ bezeichnen. Der Leser kann selbst entscheiden, was tatsächlich passiert ist, was passieren könnte und was die Ausgeburt einer krankhaften Phantasie des Verfassers ist.


Als Kinder haben wir immer Fußball gespielt, bis zum Umfallen. In jeder Pause oder nach dem Unterricht im Schulhof, auch im Winter. Der Hausmeister war auf unserer Seite, er hätte uns nie an die Schulleitung verpetzt, vielleicht hatte er selbst als junger Mann Fußball gespielt. Man musste den hinteren Ausgang nehmen, dann lief man vorbei an irgendwelchen Blechgaragen und Scheunen, vor denen alte Wracks und Maschinenreste vor sich hin rosteten, den Hügel hoch, da war schon unser „Stadion“. Strenggenommen war es nur ein kleiner Sportplatz, immerhin mit zwei kleinen Toren, einer buckeligen Bahn für einen 100-Meter-Lauf und einer Sandgrube für den Weitsprung, die zwischen unseren Schulwettbewerben vor allem als Klo für Hunde und Katzen aus der Gegend diente. Bei Bedarf wurde auf dem Platz die Markierung für das Werfen von Handgranaten aufgetragen. Denn Speerwerfen oder Kugelstoßen gehörten nicht zum Sportunterricht, dafür aber das Werfen mit Attrappen von Handgranaten. Als Teil patriotischer Erziehung mit dem Ziel, den Schülern die friedfertige Gesinnung der Sowjetunion einzubläuen. Dabei übertrafen uns die Mädels an Grazie, wir Jungs konnten die ziemlich schweren Attrappen dafür weiter werfen. So endete dieser sozialistische Wettbewerb immer mit einem Unentschieden.

Über den Zusammenhang zwischen Fußball und Politik machten wir uns damals keine Gedanken. Es ging nur darum, möglichst ein paar Tore zu schießen. Dass Fußball eine politische Bedeutung hat, dämmerte uns erst später. Es war Anfang der 1980er. Wir trafen uns damals regelmäßig zu den Heimspielen der Lemberger Mannschaft in der sowjetischen Meisterschaft. Im richtigen Stadion, das auf den typisch sowjetischen Namen Drushba (dt. Freundschaft) getauft worden war, eine jahrzehntelange Tradition hatte und von etlichen Legenden umwoben war.

Ich brauchte etwas mehr als eine halbe Stunde zum Stadion. Seit meiner Kindheit wohnte ich in einem langgezogenen vierstöckigen Haus mit sechs Aufgängen. Wohl Anfang der 1970er Jahre erbaut, war es etwas besser als die Chruschtschowkas – die typischen Plattenbauten im Wohnbarackenstil, wo ein Hund in der Küche nicht genug Platz hatte, um mit dem Schwanz zu wedeln. Bei uns hätte ein Hund samt wedelndem Schwanz Platz gehabt, zumindest ein mittelgroßer, aber wir hatten keinen Hund, nur eine Katze. Dafür hatte unsere Nachbarin vier oder fünf Hunde und mit zunehmenden Alter keinen Bock mehr sie auszuführen. So stank unser Treppenhaus am Ende der Sowjetzeit immer nach Pisse. Viele andere Treppenhäuser in der Sowjetunion übrigens auch.

Das Haus wurde für Mitarbeiter des staatlichen Stromversorgers gebaut, für den mein Vater als junger Ingenieur arbeitete, und gleich ans Stromnetz angeschlossen. Darauf waren die Mitarbeiter bestimmt stolz. Damit sie noch mehr Stolz verspüren konnten, wurde das Haus direkt an eine Eisenbahnlinie gesetzt, die das größte Kohlekraftwerk in der Westukraine mit Kohle versorgte. Die Güterzüge – und dazwischen ein paar Personenzüge – ratterten Tag und Nacht im Stundentakt über die Schienen und verursachten ziemlich viel Lärm und Vibrationen, an die man sich erstaunlicherweise schnell gewöhnte.

Auf dem Weg zum Stadion hatte sich über die Jahre kaum etwas verändert. Einen halben Kilometer an Plattenbauten vorbei, dann konnte man eine Abkürzung über eine Brache nehmen. Erst gegen Ende der 1980er Jahre wuchs dort ein Monstergerüst, das zur neuen Parteizentrale werden sollte, aber anschließend als Bauruine jahrelang herumstand, weil es zunächst kein Geld mehr gab, und bald auch keine Sowjetunion mitsamt ihrer kommunistischen Partei. Letztendlich zog in den späten 1990er Jahren das regionale Finanzamt ins Monsterhaus ein. Man munkelte, dass das Haus über kein gutes Chakra verfüge, denn das Finanzamt wurde immer wieder im Kampf gegen die politische Opposition instrumentalisiert. Die Gegner der Chakra-Theorie verwiesen darauf, dass Häuser gar kein Chakra haben könnten. Der Streit ist bis heute ungelöst, nun ragt auf dem Monsterdach immerhin einer der größten Mobilfunkmasten der Stadt in den Himmel.

Nach der Brache musste man nur noch am Heizkraftwerk vorbei, runter ins Tal, hoch auf den Hügel mit trostlosen Plattenbauten, zwischen denen ein paar Villen aus der Zwischenkriegszeit verloren dastanden, noch einmal den Hügel hinunter, diesmal auf der anderen Seite, und da begann schon der letzte Anstieg zum Stadion.
Wir trafen uns immer an der großen Anzeigetafel hinter dem Nordtor. Dann hieß es: Auf den grün gestrichenen Sitzbänken, von denen die Farbe abblätterte, Platz nehmen, Sonnenblumenkerne essen und die eigene Mannschaft unterstützen. Sie hieß Karpaty; man erlaubte sich mit diesem geographisch angehauchten Phantasienamen also doch ein gewisses lokales Kolorit. Die Spieler trugen grün-weiß gestreifte oder wahlweise grüne Trikots und waren auf dem Papier bei der Lemberger Fernsehfabrik angestellt. Es gab halt offiziell gar keinen Profifußball in der Sowjetunion, es waren alles nur Arbeiter, Bauern, Milizionäre oder Angestellte, die in ihrer sozialistischen Freizeit kickten.

Insgesamt produzierte die Fernsehfabrik bessere Fernseher als Fußballspieler. Das war für sowjetische Verhältnisse ziemlich erstaunlich. Die Lemberger Fernseher genossen landesweit einen guten Ruf, waren begehrt und verfügten über eine typische Eigenschaft sämtlicher beliebter Technikgeräte und Lebensmittel der Sowjetzeit: Man konnte sie nicht einfach im Geschäft kaufen, sie waren eine Defizitware. Die unter dem Namen Elektron vermarkteten Fernseher waren sogar so gut, dass die Fabrik es wagte, eines der Geräte Leonid Breshnew zu schenken. Allerdings war es eine Sonderausführung: Man setzte in das authentische Elektron-Gehäuse die Komponenten eines westlichen Fabrikats ein, damit es zuverlässiger funktionierte und die Welt auf dem Bildschirm farbenfroher aussah. Ob der senile Generalsekretär des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei diese Symbiose aus westlicher Technologie und sowjetischer Hülle jemals einschaltete, bleibt im Dunkeln. Auf jeden Fall dürfte dieses Gerät als unbekanntes Beispiel – zumindest für den westlichen Hersteller – einer friedlichen informellen Zusammenarbeit zwischen Ost und West auf einer nicht ganz legalen Basis dienen.

Die Spieler hatten aber eine andere Aufgabe, als beim Zusammenbau der Fernseher zu mogeln. Dafür waren die normalen Arbeiter zuständig.
Die Aufgabe der Spieler bestand darin, Fußball zu spielen und den Fans Freude zu bereiten. Und die größte Freude für die Lemberger Fans war – neben dem Gewinn des sowjetischen Fußballpokals im Jahr 1969 – ein Sieg gegen eine Mannschaft aus Moskau. Nicht, dass man gegen die Moskauer bei einem Heimspiel oft gewinnen konnte. Sonst wäre die Sowjetunion viel schneller zugrunde gegangen. Aber ein Sieg über ein Team aus der sowjetischen Hauptstadt war immer etwas Besonderes. Ein Symbol. Ein Protest. Ein Zeichen der Gerechtigkeit. Ein Sieg gegen die Besatzer. Denn die Sowjetunion, die sich die westukrainischen Gebiete nach dem Hitler-Stalin-Pakt im September 1939 einverleibt hatte, wurde in Lemberg und in Galizien generell als Besatzungsmacht betrachtet.

Das Spiel gegen Spartak Moskau am vorletzten Spieltag der sowjetischen Meisterschaft im November 1980 war historisch. Karpaty war vom Abstieg bedroht, Spartak kämpfte um die Meisterschaft gegen Dynamo Kyjiw. Die Lemberger gewannen 1:0. Da Dynamo am selben Spieltag gewann, wurde die Meisterschaft entschieden. Nach dem Spiel skandierten die Fans, die in organisierten Kolonnen vom Stadion durch die Straßen zogen, Sprüche gegen Spartak und den sowjetischen Fußballverband. Vor dem Abstieg rettete der Sieg die Grün-Weißen trotzdem nicht.

Der Verein stieg nie mehr in die erste Liga auf. Ein paar Jahre später wurde die Fusion mit dem Lemberger Armeeverein SKA beschlossen. Die Farbe der Trikots war nunmehr rot. Es war ein Verrat. Man durfte nicht einmal etwas Grünes ins Stadion schmuggeln, die Miliz kontrollierte alles penibel. Die Rache des Imperiums war perfekt.

Für die nächsten Jahre blieb uns nichts anderes übrig, als vor dem nächsten Spiel einen Kasten Bier zu kaufen (wir waren schon erwachsen genug) und auf dem Sofa vor dem Fernseher Dynamo Kyjiw die Daumen zu drücken. Oder bei internationalen Wettbewerben GEGEN die Sowjetmannschaft mitzufiebern. Egal um welche Sportart es ging. Ob Fußball, Eishockey (die Spiele zwischen der Tschechoslowakei und der UdSSR waren immer eine echte Schlacht; die Tschechen hatten den Einmarsch der sowjetischen Truppen in Prag 1968 nie vergessen) oder Tellerwerfen. Es gab nur eine einzige Ausnahme: Die Fußballweltmeisterschaft 1986 in Mexiko. Damals bestand die Sowjetmannschaft fast ausschließlich aus Spielern von Dynamo Kyjiw. Von Erfolg war ihr Auftritt allerdings nicht gekrönt, obwohl sie schön spielten. Damals bedauerten wir es zum ersten und einzigen Mal, dass eine Sowjetmannschaft bereits im Achtelfinale ausschied.

1990 hat Dynamo Kyjiw die letzte reguläre Sowjetmeisterschaft gewonnen. Damit hat es mit insgesamt 13 Meistertiteln seinen Erzrivalen Spartak Moskau überholt und wurde zum erfolgreichsten Verein in der sowjetischen Fußballgeschichte. Doch für uns war es nur noch ein Sieg der Gerechtigkeit. Denn wir interessierten uns schon lange nicht mehr leidenschaftlich für Fußball. Die alte Schulclique war längst zerfallen, wir wurden erwachsen.

Seit einiger Zeit interessierten uns ganz andere Dinge. Gegen Ende der 1980er Jahre veränderte sich das Land mit rasanter Geschwindigkeit. Die Welt, die lange Jahre stillzustehen schien, fing wieder an, sich zu drehen. Wie in einem Kaleidoskop. Als hätte jemand das Sonnensystem neu erfunden. Man rannte von einer Demo zur nächsten, bildete Menschenketten, ging zu Theaterfestivals, las und verbreitete illegale und halblegale Literatur, diskutierte in den neu gegründeten Klubs, spielte Musik und sang. Die Rockmusik, der man früher im Untergrund gefrönt hatte, wurde plötzlich gesellschaftsfähig. Rockbands – gute und schlechte – sprossen wie Pilze aus dem Boden, überall und jederzeit gab es an jeder Ecke des Landes Rockkonzerte. Einige der damals gegründeten Bands genießen bis heute Kultstatus.

Die letzte sowjetische Fußballmeisterschaft von 1991 war dagegen mehr oder weniger ein Anachronismus. Zwei georgische und eine litauische Mannschaft verweigerten aus politischen Gründen ihre Teilnahme. Nach der vorangegangenen brutalen Niederschlagung der Proteste in Tbilissi und Vilnius verkündeten beide Republiken ihre Unabhängigkeit, die jedoch international vorerst nicht anerkannt wurde. Den Titel, der kaum noch jemanden interessierte, holte sich der ZSKA Moskau, die Mannschaft des Zentralen Sportklubs der Armee. Die Armee konnte gerade noch eine Rumpfmeisterschaft gewinnen, nicht mehr aber den Putsch im August 1991 und nicht das Spiel gegen das eigene Volk. Kurz darauf gab die Sowjetunion endgültig den Geist auf.

Noch im Herbst 1990, als Dynamo Kyjiw kurz davor stand, seinen dreizehnten Meistertitel zu holen, protestierten Studenten auf dem damaligen Platz der Oktoberrevolution (der seit August 1991 Maidan der Unabhängigkeit oder im Volksmund einfach nur Maidan heißt) in der ukrainischen Hauptstadt. Durch einen Hungerstreik versuchten sie die sowjetrepublikanische Regierung zum Rücktritt zu bewegen. Irgendwann kam das Gerücht auf, dass die Regierung möglicherweise Fußballfans gegen die in den Zelten ausharrenden hungernden Studenten hetzen würde. Die Anspannung wuchs, als die Fankolonne auf dem Chrestschatyk, auftauchte, der Hauptstraße von Kyjiw, die zum Maidan führt.

Was nun passierte, beschreibt der ukrainische Schriftsteller Mykola Rjabtschuk in seinem Buch Die reale und die imaginierte Ukraine so: „…plötzlich rief jemand die in der damaligen Revolution populäre Parole: ,Freiheit für die Ukraine!‘
Und völlig unerwartet stimmte die Menschenmasse ein: ,Frei-heit-für-die-U-kra-i-ne! Frei-heit-für-die- U-kra-i-ne!‘ So passierten sie den Platz und skandierten unsere Parole, die unverhofft auch zu ihrer wurde.

Damals spürte ich zum ersten Mal, daß [sic!] wir siegen würden, daß [sic!] die Ukraine sich doch noch die erhoffte ,Freiheit‘, also die Unabhängigkeit erkämpfen würde. Wir waren wirklich viele, deutlich mehr, als ich mir bis dahin, umgeben von den Büchern in meinem Arbeitszimmer, hatte vorstellen können.“

Wenige Tage später trat die Regierung in Kyjiw zurück. In den Sarg des Imperiums wurde damit der vorletzte Nagel geschlagen. So leistete der Fußball seinen Beitrag zum Zerfall der Sowjetunion. Der Mohr hat seine Schuldigkeit getan. Nun konnte man nach einer anderen Verwendung für die Fußballstadien Ausschau halten.

Die andere Verwendung folgte mit der Einrichtung von Basaren. Es war das typische Schicksal einer jeden Fußballarena in der postkommunistischen Welt. In den oberen Rängen, im Ring um die Tribünen oder vor den Toren wurden nun Lebensmittel, Zigaretten, Kleidung, Schuhe, Waschpulver und gefälschte Markenartikel verkauft. Sonst waren die Geschäfte in den letzten Monaten der Sowjetunion ziemlich leer. Das Lemberger Stadion wurde 1990 neu getauft – auf den Namen Ukraina. Ob dort der Markt vor oder nach der Umbenennung eingerichtet wurde, weiß ich nicht mehr. Inzwischen hatten meine Frau und ich eine kleine Einzimmerwohnung in der Nähe des Stadions gemietet. Bis Mitte der 1990er Jahre kauften wir im Stadion Lebensmittel ein. Es war unser polnischer Supermarkt.

Als nach dem Zerfall der Sowjetunion einige wenige sehr reich und viele andere arm wurden, entdeckten die neuen Reichen nach und nach ihr Interesse für Fußball wieder. Zusammen mit dem Land haben auch sie eine Entwicklung durchgemacht – von der Begeisterung über himbeerfarbene Sakkos und teure westliche Karossen bis zur leidenschaftlichen Fußballliebe. Man könnte auch sagen, dass es eine Evolution der Werte war – die einfache Konsumbesessenheit verwandelte sich über die Hingabe zur hohen Ingenieurskunst der deutschen Autoindustrie in eine (sport-)geistige Mission. Die Vereine wurden nun zum Statussymbol der Neureichen, die man mittlerweile als Oligarchen bezeichnete. Plötzlich gab es viel Geld im Fußball. Und mit zunehmenden Investitionen stieg auch der Siegeswille. Um diesen zu untermauern, wurden überwiegend zweitklassige brasilianische Spieler eingekauft. Damit erreichte der Siegeszug der Globalisierung endlich auch die postkommunistische Welt. Es begann ein neues Kapitel der Geschichte.

Wenn dies eine Doku oder ein Spielfilm wäre, der auf realen Ereignissen basiert, so hätte man vor dem Abspann die Infos über die Schicksale der Protagonisten eingeblendet. Hier sind sie.


Nach einer Reinkarnation als FC Karpaty erlebte der Verein in den Jahren nach der Unabhängigkeit eine Achterbahnfahrt und ein schwer durchschaubares Eigentümerkarussell. Nach einigen nationalen Erfolgen und Niederlagen hat sich die finanzielle Krise verschärft, bis der Club 2021 endgültig aufgelöst wurde. Seit 2020 gibt es einen neuen FC Karpaty, der die alten Traditionen fortsetzen will, auch in den Farben Grün und Weiß spielt (allerdings jetzt trendgetreu mit noch mehr Grün) und von einer Lemberger Brauerei neu gegründet wurde. Die Brauerei selbst, die auch eine alte Tradition hat, gehört mittlerweile zu Carlsberg. Das Bier schmeckt mittlerweile auch nach Carlsberg.


Das Stadion wurde renoviert, die alten Bänke gegen moderne Sitzschalen ausgetauscht. Diese wurden teilweise in den ukrainischen Nationalfarben Blau und Gelb ausgeführt. Der Rasen ist grün geblieben.


Trotz aller gegenläufigen Bemühungen und allen Unkenrufen zum Trotz wurde zur Europameisterschaft 2012 am Stadtrand von Lemberg RECHTZEITIG ein neues Stadion errichtet. Seitdem finden dort Rock- und Popkonzerte, Abi-Feten, Hochzeiten, Kartrennen, Kongresse der Zeugen Jehovas und andere Veranstaltungen statt. Fußballspiele werden in der Arena nur noch selten ausgetragen.


Die Fernsehfabrik hat in den 1990er Jahren ebenfalls eine schwere Krise durchgemacht, produziert keine Fernseher mehr und ist nach einer Umstrukturierung auf die Herstellung von modernen Straßenbahnen und Bussen umgestiegen. Die Farbe Grün hat man im Produktdesign belassen.


Auf dem Schulsportplatz wird noch immer Fußball gespielt.


Juri Durkot, geb. 1965 in Lemberg (Lwiw) studierte Germanistik an den Universitäten Lemberg und Wien. Er ist als freier Publizist, Übersetzer und Produzent tätig. Für die Übersetzung des Romans Internat von Serhij Zhadan (Suhrkamp) wurden die Übersetzer Juri Durkot und Sabine Stöhr 2018 mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. Derzeit führt er für Die Welt ein Tagebuch aus Lwiw.